Urteil aus Karlsruhe zur Besoldung wirklich der große Wurf?
BRH: Richter wollen wirklich „verfassungswidrige“ Beamtenbesoldung als gerechtfertigt ansehen?
(Euskirchen/Karlsruhe) Der Streit um die amtsangemessene Alimentation läuft seit mindestens 2009. Nun haben nach jahrelangem Warten die Richter in Karlsruhe endlich entschieden und wollten das Beamtenrecht stärken. Danach müssen Beamte an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben. Aber der Staat darf ihnen trotz besonderer Loyalität vorübergehend Sonderopfer abverlangen. Und nach Ansicht der Richter ist die Entwicklung der Beamtenbesoldung mit der der Angestellten im Öffentlichen Dienst, den Nominallöhnen im jeweiligen Bundesland sowie den Verbraucherpreisen zu vergleichen.
Beamte dürfen nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt werden. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht. Moniert wurde zunächst nur die Beamtenbesoldung in Sachsen im Jahr 2010. Laut Grundgesetz sind die „Grundsätze des Berufsbeamtentums" gewährleistet, zu denen auch der Anspruch der Beamten auf einen „angemessenen" Lebensunterhalt zählt. Weil der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einen weiten Spielraum habe, wollen die Verfassungsrichter nur kontrollieren, ob die Beamtenbesoldung „evident (Anm.: offenkundig, einleuchtend) unzureichend" ist.
Hierzu hatte Karlsruhe im Mai bereits in seinem Urteil zur Richterbesoldung ein dreistufiges Prüfungsmodell entwickelt, das es nun auch auf die Bezahlung der rund 1,7 Millionen Beamten von Bund, Ländern und Gemeinden anwendete. In der ersten Stufe werden fünf Punkte geprüft, bei denen es vor allem um die Entfernung von allgemeinen Tarifentwicklungen geht. Wenn mindestens drei dieser fünf Kriterien erfüllt sind, besteht eine Vermutung, dass die Beamten im jeweiligen Land verfassungswidrig schlecht bezahlt werden. In einer zweiten Prüfungsstufe ist zu prüfen, ob die Bezahlung der besonderen Qualität und Verantwortung des jeweiligen Beamten entspricht. Auf dieser Stufe sind auch etwaige Kürzungen bei der Beihilfe und in der Altersversorgung zu berücksichtigen.
In der dritten Prüfungsstufe kann der Staat geltend machen, dass eine verfassungswidrige Beamtenbesoldung ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Hier geht es vor allem um die Einhaltung der Schuldenbremse, die von den Ländern ab 2020 ausgeglichene Haushalte verlangt. Az.: 2 BvL 19/09 u. a.