Seniorenverband BRH-Chef Martin Enderle fragt: Corona-Daueralarm: Wie gehen wir Ältere damit um?
Landesvorsitzender Enderle nimmt einmal die Geschehnisse um Corona ins Visier, möglicherweise für den einen oder anderen polarisierend. Aber...Polarisierung trägt zur Verdeutlichung der Unterschiede bei, dient der leichteren Verständlichkeit. Daraus entsteht die Aufforderung: Ihre Meinung ist gefragt! Mischen Sie sich ein!
Im BRH NRW spielt der Umgang mit COVID 19 eine zentrale Rolle. Wie könnte es auch anders sein? Fast jedes Gespräch, jeder Telefonkontakt beginnt damit. Und auch wenn man berücksichtigen muss, dass wir viele unterschiedliche Reaktionen wahrnehmen, so lässt sich doch eine Grundlinie festhalten: Unsere Senioren sind zunehmend genervt vom Corona-Daueralarm. Hier einige Eindrücke aus Gesprächen mit unseren Mitgliedern:
Wir werden mit immer neuen Warnungen überrannt. Ein Senior las entrüstet am Telefon die aktuellen Schlagzeilen vor: „RKI meldet: Delta-Variante dominiert in Deutschland“. „Delta-Variante - Lauterbach besorgt über Impfresistenz“. „Macht die Delta-Variante den Sommer kaputt?“ „Alpha, Delta, Lambda: Die Warnungen werden nicht aufhören“. Und treffend sagte unser Mitglied zum Abschluss: Seit anderthalb Jahren wird täglich eine neue Sau durchs Dorf getrieben!
Tatsächlich ist da ein Muster zu erkennen, das etwa so aussieht: Als im Frühjahr die Corona-Zahlen runtergingen und erste Wirte auf die Öffnung ihrer Außengastronomie hofften, wurde vor der „neuen Mutante aus Indien“ gewarnt. Als es schien, dass auch diese so genannte Delta-Variante in den Griff zu kriegen sei, startete die Diskussion über die offensichtlich aus Südamerika eingeschleppte Lambda-Mutation. Und all dem setzte der Politiker Karl Lauterbach die Krone auf, als er im Sommer spekulierte, das Virus sei möglicherweise so intelligent, dass es künftig eine Mutation entwickle, gegen die keine Impfung helfe.
Wie soll man eine solche Form von Kommunikation der Politik mit uns Bürgern bezeichnen? Martin Enderle, BRH-Landesvorsitzender nennt sie „Angst-Kommunikation“. Warum bedienen sich unsere Politiker einer Sprache der Angstverbreitung? Erstens: Wer Angst hat, bewegt sich nicht. Und es ist ja ein Teil der politischen Pandemiebekämpfung, dass wir Bürger uns passiv zurückziehen. Dass gerade wir älteren Menschen auf Kontakte verzichten und uns abschotten bis zur Vereinsamung.
Im BRH NRW sagen uns die Mitglieder allerdings auch: Was unsere Politiker vergessen, ist, dass Daueralarm müde macht, dass er irgendwann nicht mehr gehört wird. Und um zu unterstreichen, was er mit ständigem Alarm und nicht hinterfragten Zahlen meinte, schickte der Kollege dem Landesvorsitzenden einen Zeitungsausriss über die Gemeinde Schrozberg, die für ein paar Tage in ganz Deutschland Schlagzeilen machte. Darin stand: „Nach Corona-Ausbruch in Kindergarten: Die Sieben-Tage-Inzidenz schoss innerhalb weniger Tage auf einen vergleichbar astronomischen Wert von 1065,5 Fälle pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen…“
Aber was bedeutete das wirklich? Die Gemeinde hat 5800 Einwohner. Gezählt wurden 62 Fälle in 7 Tagen. Das sind 1,06% der Einwohnerschaft. Die durchschnittliche Inzidenz pro Tag waren also 9 Fälle (0,15 % der Einwohnerschaft). Solche Zahlen, die das Problem einordnen, machen aber nun mal nicht einen so durchschlagenden Eindruck wie „7-Tage-Inzidenz steigt auf über 1000“.
Deshalb fordern viele von uns älteren Menschen ein Ende des Daueralarms.